Die Arbeitswelt und damit auch die Rolle der Führungskraft haben sich verändert. Erfolgreiche Unternehmen brauchen transformationelle Führungskräfte, die Vorbild, Motivator und gleichzeitig Inspirationsquelle für ihre Teams sind. Die gute Nachricht: Transformationale Führungsqualitäten können erlernt werden.

 

Was ist transformationale Führung?

Die ersten Theorien zur transformationalen Führung, auch „transformative Führung“, „transformationelle Führung“ oder auf Englisch „transformational Leadership“ genannt, gibt es ungefähr seit den 1960er-Jahren. Der Soziologe James V. Downton war der erste, der den Begriff nutzte, James McGrego Burns derjenige, der den Begriff 1978 besonders prägte und als eine Situation, in der „Führungskräfte und ihre Gefolgsleute sich gegenseitig helfen, ein höheres Maß an Moral und Motivation zu erreichen” definierte.

Heute versteht man unter transformationalen Leadern Führungskräfte mit einer starken Vision und charismatischen Persönlichkeit. Transformationale Führungskräfte inspirieren und motivieren ihre Teams – ohne Mikromanagement zu betreiben. Sie erhöhen das Engagement ihrer Mitarbeitenden, indem sie ihnen mehr Raum für Kreativität und mehr Kontrolle über ihre Arbeit geben. Bei allem, was sie tun, sind sie für ihre Mitarbeitenden ein positives Beispiel und vermitteln eine klare Vision, um sie zu beeinflussen und zu inspirieren, sich weiterzuentwickeln und mehr zu leisten, als sie erwarten.

Kurz gesagt: Transformationale Führung verwandelt (transformiert) das Abhängigkeitsverhältnis (Lohn für Leistung) in eine emotionale Beziehung.

 

Was sind die 4 I’s der transformationalen Führung?

Mit dem Konzept der 4 „I’s of Transformational Leadership“ erklärt Bernard Bass die psychologischen Mechanismen hinter der transformationalen Führung. Zu den vier Komponenten, normalerweise als „4 I’s der transformationalen Führung“ bezeichnet, gehören:

  1. Idealisierter Einfluss: Im Wesentlichen agiert eine transformationale Führungskraft als Vorbild und verkörpert die Qualitäten, die sie sich von ihrem Team wünscht. Sie geht mit gutem Beispiel voran und schafft so Glauben und Vertrauen bei ihren Mitarbeitenden.
  2. Inspirierende Motivation: Transformationelle Führungspersönlichkeiten schaffen im Wandel eine inspirierende, aber dennoch verständliche Vision für ihr Team. So gewinnen sie deren Zustimmung und steigern die Motivation für die Erreichung der gesetzten Ziele. Die Kombination aus idealisierendem Einfluss und inspirierender Motivation fördert den Glauben und die Produktivität des Teams.
  3. Individuelle Betreuung: Transformationale Führungskräfte arbeiten mit jedem einzelnen Mitglied ihres Teams zusammen, um ihm zu helfen, zu wachsen und seine Ziele zu erreichen. Sie zeigen aufrichtiges Interesse und bieten Unterstützung und Schulung ohne Vorurteile.
  4. Intellektuelle Anregung: Transformationelle Führungskräfte ermutigen ihr Team, kreativ und innovativ zu sein und neue Lösungen zu finden, die bisherige Arbeitsweisen infrage stellen. Indem sie ihre Mitarbeitenden herausfordern, konzentrieren sie sich auf die ständige Verbesserung ihrer eigenen Leistung und damit auch der Leistung des gesamten Unternehmens.

 

Wie verhalten sich transformationale Führungskräfte im täglichen Arbeitsumfeld?

Transformatorische Führungskräfte zeichnen sich durch sechs wesentliche Merkmale aus:

  1. Sie haben die Fähigkeit, eine Vision zu erkennen und zu formulieren.
  2. Sie gehen mit gutem Beispiel voran und bieten ein geeignetes Modell, dem man folgen kann.
  3. Sie fördern die Zusammenarbeit und unterstützen die Gruppenziele.
  4. Sie erwarten ein hohes Leistungsniveau – von sich selbst und ihrem Team.
  5. Sie bieten individuelle Unterstützung, zeigen Einfühlungsvermögen und bauen Vertrauen auf.
  6. Sie fördern kontinuierliches Lernen und Entwicklung.

Im Alltag bedeuten diese transformationalen Führungsqualitäten, dass Führungskräfte für ihre Teams offen und ansprechbar sind und ihnen gleichzeitig den Raum geben, den sie brauchen, um sich zu entwickeln und zu wachsen. Sie unterstützen jedes Teammitglied durch regelmäßige Einzelgespräche, bauen eine Beziehung zu ihm auf und zeigen ihm, wie es sich verbessern kann, ohne die eigenen Ideen aufzuzwingen.

Sie sind gewissenhaft und immer offen dafür, durch Feedback zu lernen und sich weiterzuentwickeln. In Besprechungen sorgen sie dafür, dass jeder die Möglichkeit hat, einen Beitrag zu leisten, und schätzen alle Beiträge gleichermaßen, um die Harmonie im Team zu fördern.

Sie sind charismatisch, sympathisch, extrovertiert und einnehmend und inspirieren Menschen durch die Kraft ihrer Persönlichkeit zum Erfolg. Gleichzeitig verlangen und erwarten sie aber auch hohe Leistungen von ihrem Team, was bedeutet, dass transformationale Führungspersönlichkeiten hart sein können, wenn es nötig ist.

 

Was ist der Unterschied zwischen transaktionaler und transformationaler Führung?

Transaktionale und transformationale Führung werden normalerweise als polare Gegensätze angesehen:

Transaktionale Führungskräfte verlassen sich auf ein System aus Zuckerbrot und Peitsche mit Belohnungen und Bestrafungen, um die Leistung ihrer Mitarbeitenden zu steigern. Im Wesentlichen erledigen die Teammitglieder ihre Arbeit als Gegenleistung für ihre Bezahlung oder ihre Aufstiegschancen und werden nicht durch übergeordnete Unternehmensziele motiviert.

– Im Gegensatz dazu motivieren transformationale Führungspersönlichkeiten ihre Teammitglieder durch ihr Charisma, ihre Vision und ihre Unterstützung dazu, über sich hinauszuwachsen. Die Teammitglieder wollen unabhängig von einer Belohnung gute Leistungen erbringen, um den Standards gerecht zu werden, die transformationale Führungskräfte setzen.

Es ist jedoch wichtig zu verstehen, dass ein und dieselbe Führungskraft sowohl einen transformationalen als auch einen transaktionalen Stil zeigen kann. So kann sie beispielsweise einen transaktionalen Ansatz verfolgen, um sicherzustellen, dass notwendige Routineaufgaben erledigt werden, und dies mit einem transformationalen Führungsstil überlagern, um Innovation und Kreativität zu fördern. Dies bedeutet, dass sie von ihren Teams immer noch als transformationale Führungskräfte angesehen werden.

 

Warum ist transformationale Führung wichtig?

94 Prozent der Mitarbeitenden wünschen sich eine transformationale Führungskraft, nur in 21 Prozent der Unternehmen wird sie praktiziert – das ergab eine Studie von Stepstone.

Dabei ist die Wirksamkeit der transformationalen Führung inzwischen gut bewiesen. Sie aktiviert die intrinsische Motivation von Mitarbeitenden und führt zu einem höheren Mitarbeiterengagement, höherer Loyalität und bringt Mitarbeitende zu mehr Leistung, um das gemeinsame Ziel zu erreichen.

Vor allem da, wo Organisationen zu mehr teambasierten Strukturen übergehen und die individuellen Talente jedes Teammitglieds nutzen und den Wandel vorantreiben wollen, ist transformationale Führung wichtig.

Im Laufe der Zeit ist dieser Führungsstil immer erfolgsentscheidender für Unternehmen geworden – und gerade in diesen unsicheren Zeiten ein wichtiges Thema.

Es sind vor allem drei Faktoren, die die transformationale Führung für den heutigen Unternehmenserfolg so wichtig machen:

  1. Gute Mitarbeitende sind ein entscheidender Erfolgsfaktor und Wettbewerbsvorteil: Unternehmen verlassen sich zunehmend auf die Fähigkeiten, Erfahrungen und Ideen ihrer Mitarbeitenden, um sich auf dem Markt zu differenzieren. In einer Zeit, in der alle Sektoren durch die Digitalisierung und den neuen Wettbewerb beeinflusst werden, werden diejenigen Unternehmen florieren, die ihre Mitarbeitenden durch inspirierende Führung engagieren, motivieren und das Beste aus ihnen herausholen.
  2. Unternehmensstrukturen haben sich radikal verändert: Die Befehls- und Kontroll-Hierarchien sind verschwunden und wurden durch flexiblere, teambasierte Strukturen ersetzt. In vielen Fällen bedeutet hybrides Arbeiten nach der Pandemie, dass die Teammitglieder oft nicht fünf Tage in der Woche im Büro sind – und das bedeutet: Teamleiter müssen aus der Ferne inspirieren, motivieren und unterstützen.
  3. Die Bedürfnisse von Kunden und Mitarbeitenden haben sich ebenfalls radikal verändert: Kunden sind anspruchsvoller geworden und wollen neue Produkte, Dienstleistungen und Erfahrungen, die eine Führung im alten Stil nicht bieten kann. Ebenso wollen die neuen Generationen, die in das Berufsleben eintreten, für Unternehmen und Führungskräfte arbeiten, die ihre Werte teilen und sie durch Verständnis und Inspiration motivieren, anstatt durch Mikromanagement. Hinzu kommt: Arbeitnehmer sind zunehmend besorgt über die aktuelle wirtschaftliche und geopolitische Lage und wünschen sich Unterstützung und Verständnis von ihren Führungskräften. Die Unternehmensleitung muss daher bei der Gestaltung des Wandels an vorderster Front stehen.

Auch Tivians Future of Work Report hat gezeigt: Die Rolle der Führungskraft hat sich verändert. Transformationale und empathische Führung ist der Schlüssel zum Erfolg.

Was sind die Herausforderungen der transformationalen Führung?

Die Praxis zeigt: Es gibt vor allem zwei Herausforderung, um effektive und transformationelle Führung innerhalb einer Organisation zu etablieren.

 

1. Führungskräfte zu transformationalen Führungskräften entwickeln

Die erste Herausforderung kann am schwierigsten erscheinen. Viele Führungskräfte verfügen nicht von Natur aus über das gesamte Spektrum der transformationalen Führungsfähigkeiten. Vielleicht fehlt es ihnen an Charisma, Kommunikationsfähigkeiten oder der Fähigkeit, ihre Teams zu inspirieren, was sie daran hindert, sich zu vollständigen transformationalen Führungskräften zu entwickeln.

Die gute Nachricht: Transformationale Führungsfähigkeiten sind erlernbar und können im Laufe der Zeit entwickelt werden. Grundvoraussetzung ist 360-Grad-Feedback. Nur wenn Führungskräfte wissen, was ihre Mitarbeitenden denken und danach handeln, können sie sich zu transformationalen Führungskräften entwickeln.

 

2. Akzeptanz bei den Mitarbeitenden gewinnen

Zweitens könnten die Mitarbeitenden dem Kulturwandel, der mit der Einführung von transformationaler Führung einhergeht, zunächst misstrauisch gegenüberstehen, insbesondere wenn sie es gewohnt sind, mit transaktionalen Führungskräften zusammenzuarbeiten. Sie glauben vielleicht nicht, dass ihre Vorgesetzten wirklich daran interessiert sind, ihnen zu helfen, sich zu verbessern, und befürchten, dass das Eingestehen aktueller Schwächen negativ gesehen wird. Die Lösung dieses Problems braucht Zeit, wobei transformationale Führungskräfte durch ihr eigenes Handeln zeigen, wie sehr sie sich für ihr Team engagieren, und eine Kultur der Offenheit und Unterstützung aufbauen, die alle Zweifel der Mitarbeiter überwindet. Im Wesentlichen müssen Manager authentische transformationale Führung zeigen, um die Mitarbeiter auf ihre Seite zu ziehen.

 

Wie lässt sich die Führungsrolle verändern?

Um erfolgreich zu sein, müssen Unternehmen transformationale Führungskräfte in der gesamten Organisation entwickeln. Dies erfordert eine Kombination aus Planung, Training für transformationale Führung und kultureller Entwicklung, die von der Personalabteilung vorangetrieben wird, sowie ein Engagement der einzelnen Manager zur Selbstverbesserung.

 

Die Rolle der HR-Teams

Die Einführung des transformationalen Führungsstils stellt in vielen Organisationen eine große Veränderung der Kultur dar. Sie muss daher durch ein klares und wirksames Changemanagement-Programm unterstützt werden, das eine Vision festlegt und kommuniziert und sie durch Prozesse, Richtlinien und Messungen zur Überwachung des Wandels unterstützt. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass HR-Teams sicherstellen, dass ihre Mitarbeitenden die neue Vision annehmen und den Wandel verstehen und unterstützen.

Auf der Führungsseite muss die Personalabteilung ein umfassendes Programm zur Förderung und Unterstützung von Managern bei ihrer Entwicklung zu transformationalen Führungskräften einrichten. Dies sollte Schulungen, regelmäßige Kontrollen, Coaching und Mentoring für transformationale Führungskräfte umfassen. Am wichtigsten es dabei, einen Rahmen für die Erhebung von 360-Grad-Feedback zu schaffen – und zwar von den Teams und den Vorgesetzten der einzelnen Manager. Nur dann können sie kontinuierlich lernen und sich verbessern.

 

Die Rolle jeder einzelnen Führungskraft

Der Fokus auf kontinuierliche Verbesserung und Entwicklung ist eines der Hauptmerkmale der transformationalen Führungsphilosophie. Führungskräfte müssen daher offen und bereit sein, aus dem Feedback ihrer Mitarbeitenden zu lernen, unabhängig davon, ob es positiv oder negativ ist. Regelmäßiges 360-Grad-Feedback gibt ihnen Aufschluss über ihre Leistung und darüber, wo sie sich verbessern können. Sie können aus dem Feedback lernen, indem sie regelmäßig oder zu wichtigen Zeitpunkten, zum Beispiel nach größeren Veränderungen im Team, ihre eigenen 360-Grad-Feedbackübungen durchführen. Indem sie das Feedback verstehen und darauf reagieren, stärken sie das Vertrauen ihrer Teams und fördern eine Kultur der offenen Diskussion und des Feedbacks.

 

Die Rolle der Unternehmen

Unternehmen müssen heute auf allen Ebenen transformationale Führungskräfte entwickeln, wenn sie auf den zunehmend schnelllebigen und volatilen Märkten erfolgreich sein wollen. Wichtig ist, die Führungskräfteentwicklung zu demokratisieren – also für alle zugänglich zu machen.

Unser kostenloser Leitfaden hilft dabei.